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Lisenko 2004-2020

Als ich Lisenko 2009 zum ersten Mal traf, war es für mich die Liebe auf den ersten Blick. Man sagte mir, er wäre ein Biest und ich sollte ja nicht in seine Nähe kommen. Ich sah seine Augen, die eine tiefe Sanftmut ausstrahlten und ich sah seine Verzweiflung. Ich hatte damals noch nicht viel Ahnung von Pferden, aber ich wusste, dieses Pferd ist niemals böse. Ich kümmerte mich um ihn, wir näherten uns an und er lehrte mich, was es bedeutet, Grenzen zu wahren. Wir wurden Freunde. Lisenko ging dann abenteuerlich in meinen Besitz über und eine lange wunderbare Reise von 11 Jahren begann.

Er brachte mir bei, jede kleine Mimik und Gestik vom Pferd zu lesen. Er überwand seine Angst und Verzweiflung. Lisenko wurde von einem sehr scheuen und verängstigtem Pferd, ein Pferd, das im tiefen Vertrauen zu mir und zu unseren anderen Pferden lebte. Er entfaltete seine Weisheit , Stärke und vor allem die Sanftmut, die ich von Anfang an in seinen Augen gesehen habe.  Sein Charisma unterstützte so viele Menschen, die in unserer Arbeit Hilfe suchten. Wie oft habe ich den Satz gehört – Lisenko hat mir das Leben gerettet. Er trug jeden auf seine Weise durch wichtige Heilungs- und Erkenntnisprozesse. Sein Feingefühl und seine Präzision machten seine Art zu Wirken einzigartig.

All das leistete Lisenko, obwohl er nie ganz gesund war. Von Anfang an hatte er mit Athrose und Nervquetschungen zu kämpfen, aber wir hatten es geschafft, dass er durch verschiedene Kräuter und andere hilfreiche therapeutische Maßnahmen so gut erholen konnte. Er gallopierte frei und unbeschwert über die Wiese. Er war so fein in seinen Reaktionen, ich konnte ihn von großer Entfernung mit feinen Körpersignalen steuern.

Lisenko war ein Meister im Spiegeln. Er war hochsensibel und hatte seine Lebensaufgabe bei uns gefunden. In der therapeutischen Arbeit mit unseren Gästen ging er auf. Er war immer da, wollte immer arbeiten und konnte nie genug bekommen. Er liebte es, mit jedem einzelnen Gast die Einzigartigkeit dessen Persönlichkeit frei zu legen, um so wieder Hoffnung und Lebensmut zu entwickeln.

Am 24. Oktober musste Lisenko die Welt verlassen. Sein Körper hatte keine Kraft mehr, er litt an einer Herzinsuffizenz, die ihn nicht mehr am Leben halten konnte. Er weinte bevor er seine Augen für immer schloss.  Er ist in unserem Beisein gestorben, auf seinem Schlafplatz. Es schmerzt schon sehr, wenn man erkennen darf, dass auch ein Pferd vor seinem Abschied weint. Und trotzdem gab es keine Hoffnung mehr auf Heilung.

Lisenko, wir tragen Dich immer in unserem Herzen, voller guter und liebevoller Erinnerungen. Eine riesige Lücke ist entstanden, Du fehlst uns sehr. Aber alles hat seine Daseinsberechtigung im Leben.

Leb wohl großer Freund und Lehrmeister…

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